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Bildbesprechung

von Cynthia Thumm M.A | 2007


Manfred Knabe inszeniert die klassischen Porträts von Goethe, Einstein, Nietzsche, Mozart zu einem visuellen Ereignis. Mit den Mitteln der Collage-Technik und der farbigen Materialästhetik erhält das ursprüngliche Porträt durch den künstlerischen Prozess ein neues dynamisches Gesicht. Die herkömmliche starre Frontalität des Bildnisses wird bei Manfred Knabe in eine Vielfalt von Ansichten aufgesplittert, die dem Betrachter neue Sehqualitäten und Perspektiven eröffnen. Trotz des Auffächerns und Zerlegens geht die visuelle Aura dieser Idole nicht verloren. Die Identität des ästhetischen Daseins dieser „Bildmenschen“ bleibt im Spannungsfeld zwischen Sein und Schein erhalten.

Die Charaktere, die Manfred Knabe bevorzugt, verkörpern neben ihrer Eigenschaft als „Ikonen“ auch kulturelle Marken; Goethe für die Literatur, Mozart für die Musik, Einstein für Naturwissenschaft, Marilyn Monroe für den Film oder Nietzsche für die Philosophie. Sie alle verinnerlichen den Mythos, d.h. sie vermitteln Faszination, Interesse und Anteilnahme an ihrer Erscheinung durch die Maske des Bildes. Obwohl ihr Wirken Geschichte ist, hat sich ihre Aktualität bis in die Gegenwart bewahrt, und sie schwimmen als kulturelle Inseln inmitten der Zeitgeschichte. Die Titel, die Manfred Knabe seinen Collagen gibt, verweisen auf den Sprachwitz des Künstlers. Bildtitel wie z.B. „Marilyn denkt an John F.“, „Also sprach Nietzsche“, „Goethes Gedanken an die Farbenlehre“, „Das genetische Genie Mozart“ oder „Der relative Einstein“ deuten pointiert die Verknüpfung des Titels mit dem Bild an.

In seiner Qualifikation als Künstler und Grafiker schärft Manfred Knabe den Blick für die Auseinandersetzung mit dem augenfälligen Porträt und dem neu geschaffenen Bildnis. Während die Medien und die Werbung, die Manfred Knabe aus seinen Berufsjahren in dieser Branche von innen heraus kennt, plakative Bildvorstellungenerzeugen, verlangt der Künstler in Manfred Knabe ein aufmerksames und langsames Betrachten von Kunst. An Stelle des oberflächigen Betrachtens, vermitteln die Porträts den Versuch dem Blick eine räumliche und zeitliche Dimension zu geben. Die Bildgestaltung, die insbesondere auf die Stimulation des Auges abzielt – vergleichbar der Op Art – intensiviert das Sehen. Nicht das Bild allein ist die Hauptsache, sondern auch seine Wirkung auf den Betrachter. Kulissenartige Verschiebungen oder eine dreidimensionale Fassade aus visuellen Effekten wie Bewegungsillusion, Spiegelung und Wiederholung aktivieren die Augen des Betrachters. Es entsteht durch die subtile Ironie des Künstler eine wechselseitige Beziehung zwischen dem Betrachter und dem Bild: Auch die Porträts scheinen den Betrachter kühn in Augenschein zu nehmen.

Manfred Knabe bewegt sich insbesondere auf den Spuren des Nachdenkens über die Herstellung des Bildes, die künstlerische Technik und über die visuelle Grenzüberschreitung im Antlitz des anderen.